- Lokomotive: Zugmaschine für unterschiedliche Anforderungen
- Lokomotive: Zugmaschine für unterschiedliche Anforderungen1829 schufen die Gebrüder Stephenson die erste wirklich brauchbare Dampflokomotive (»Rocket«), die Urform aller Lokomotiven. Leistungsstarke und wirtschaftliche Elektrolokomotiven (E-Loks) haben die Dampflokomotiven längst abgelöst. E-Loks werden ständig von außen mit Energie versorgt und brauchen daher keine Brennstoffvorräte mit sich zu führen. Auf nicht elektrifizierten Strecken werden Lokomotiven mit Dieselmotoren (Diesel-Loks) eingesetzt, die unabhängig von einer ständigen äußeren Energiezufuhr sind.AntriebsartenLokomotiven müssen schwere Eisenbahnzüge aus dem Stand heraus beschleunigen. Diese Anforderung konnten Dampflokomotiven gut erfüllen, da bei Dampfmaschinen auch im Stillstand die volle Antriebskraft zur Verfügung steht. Dieselmotoren entwickeln dagegen wie alle Verbrennungsmotoren nur in einem bestimmten Drehzahlbereich die erforderlichen Drehmomente. Daher ist eine Leistungswandlung erforderlich. Die Leistung der mit Arbeitsdrehzahl rotierenden Kurbelwelle des Dieselmotors muss beim Anfahren möglichst ruckfrei und verlustarm auf die stehenden oder langsam drehenden Räder der Lokomotive übertragen werden. Dazu verfügen die meisten in Deutschland eingesetzten Diesellokomotiven über ein hydraulisches Wandlergetriebe, wie es ähnlich auch in Kraftfahrzeugen mit Automatikgetrieben verwendet wird (dieselhydraulischer Antrieb). Es gleicht Drehzahlunterschiede zwischen dem antreibenden Dieselmotor und den Antriebsrädern der Lokomotive aus.Beim dieselelektrischen Antrieb treibt der Dieselmotor zunächst einen elektrischen Generator an. Damit steht eine leistungsstarke Stromversorgung zur Verfügung, die zum Betrieb von elektrischen Fahrmotoren geeignet ist. Dieselelektrische Lokomotiven sind also E-Loks, die über ein bordeigenes dieselbetriebenes Kraftwerk verfügen.Elektrische Antriebe eignen sich sehr gut für den Bahnbetrieb. Sie erzeugen aus dem Stillstand heraus ein hohes Drehmoment und haben selbst bei hoher Leistung ein relativ niedriges Gewicht und geringe Baumaße. Sie werden direkt in die Fahrgestelle von Lokomotiven eingebaut. Das Fahrgestell elektrisch angetriebener Lokomotiven besteht in der Regel aus zwei beweglichen Drehgestellen mit mehreren Achsen. Jede Achse wird über einen eigenen Elektromotor angetrieben. Die Drehgestelle stellen komplette Antriebseinheiten dar, die ihre Antriebskraft über stabile Zug-Druck-Stangen auf den Lokomotivkörper übertragen. Im Lokomotivrumpf bleibt Platz für die Führerstände, elektrische Steuerungseinrichtungen und Hilfsaggregate.Gleich- und WechselstromlokomotivenFür unterschiedliche Zuggeschwindigkeiten werden Elektromotoren mit veränderlichen Drehzahlen benötigt. Diese Forderung konnten bis zur Entwicklung der modernen Leistungselektronik in den 1970er-Jahren nur aufwendige Gleichstrommotoren oder Einphasenwechselstrommotoren erfüllen, die mechanische Stromwender (»Bürsten«) benötigen. Die unterschiedlichen Drehzahlen und Drehmomente ergeben sich dabei durch Umschalten von Stromwicklungen mit einem Schaltwerk. Der Lokomotivführer betätigt mit einem Handrad das Schaltwerk und verändert somit die Zuggeschwindigkeit. Die Nachteile dieser Technik sind der relativ hohe Wartungsaufwand durch Verschleiß an den Stromwendern und Schaltwerken sowie die eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit.Herkömmliche Gleich- und Wechselstromlokomotiven sind stets nur für ein Stromnetz mit festgelegter Spannung und Frequenz ausgelegt. Dies behindert vor allem den grenzüberschreitenden Zugverkehr, da die Bahngesellschaften in Europa unterschiedliche Stromnetze unterhalten. In Deutschland hat man ein Einphasenwechselstromnetz (Spannung 15000 V, Frequenz 16,67 Hz), wogegen z. B. in Italien ein Gleichstromnetz Verwendung findet.DrehstromlokomotivenUm den Einsatzbereich zu erweitern und den Wartungsaufwand zu reduzieren, werden bei modernen E-Loks Drehstromasynchronmotoren verwendet, die aufgrund der fehlenden Stromwender einfach aufgebaut und sehr verschleißarm sind. Dafür erfordern diese Motoren eine Versorgung mit Drehstrom, wobei die Frequenz des Stroms entsprechend der gewünschten Motordrehzahl variabel sein muss. Da dieser Drehstrom der Lokomotive nicht von außen zugeführt werden kann, muss er durch eine aufwendige Leistungselektronik, dem Stromrichter, an Bord erzeugt werden. Dazu wird die über den Stromaufnehmer von außen aufgenommene Wechsel- oder Gleichspannung in dreiphasigen Drehstrom mit variabler Frequenz umgewandelt. Die Art des zugeführten Stroms ist dabei unerheblich, sodass Drehstromlokomotiven prinzipiell mit jedem Bahnstromnetz betrieben werden können.
Universal-Lexikon. 2012.